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Die Erhaltung des Nichts

Von tiefer Schwärze umhüllt jagte er dahin. Seine Geschwindigkeit war hoch aber nicht übermäßig für ihn. Sein Blick war nach vorne gerichtet, auf sein Ziel gerichtet. Dass er überhaupt eines hatte, verwunderte ihn. "Zeit ist relativ", rief er sich ins Gedächtnis, doch was interessierte ihn Zeit. Relativ war sie für die Anderen. Sternenlicht war das Einzige, was ihn interessierte, denn es war ewig, jagte durch den unendlichen Kosmos, bis - ja bis auch dieser sein Ende hatte. Ein zeitliches Ende, ein Urknall, eine Mega Nova von Milliarden von Sternen, die in einem Punkt zusammenfallen werden. Er dachte kurz an das letzte Mal und seine Stimmung hob sich ein wenig. Ja, dieses Spektakel war sogar für ihn ein beeindruckendes Erlebnis. Seine Erinnerung war perfekt, er sah jedes Detail, jeden Stern, jeden Planeten ins Zentrum stürzen. Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er in seinem Blickfeld die Form der Galaxie erkannte, auf die er zusteuerte. Sie war eine große Spirale, so wie die meisten Galaxien, doch hier hatte er in einem der Arme dieser Spirale eine kleine Welt versteckt. Sie war in einem winzigen Sonnensystem mit 9 Planeten und ein paar weiteren Trümmern, die alle in einer Umlaufbahn um den gelben Zentralstern kreisten. Damals, in den Dimensionen dieses Systems bedeutete es - mal sehen, er blickte auf den kleinen, blauen Planeten nahe des Sterns und taxierte dessen Umlaufgeschwindigkeit - etwa 4 Milliarden Umkreisungen.

Damals war er hier, als diese Galaxie entstand und er hatte ein wenig nachgeholfen. Es war für ihn eine gewisse Befriedigung, seiner Schwester eins auszuwischen, indem er absichtlich das Universum änderte. Er hatte eingegriffen und die Zusammensetzung dieses einen Materieklumpens verändert, so dass Wasser das Hauptelement dort war. Er hatte eigentlich keinen Namen für Wasser und Planet aber in seiner Vorstellung manifestierte sich ein Dipol-Molekül aus zwei Atomen mit je einem Proton und einem Atom eines schwereren Stoffes, der um diesen Planeten herum eine atembare Atmosphaere bildete, die von entstehendem Leben benötigt wurde. Ja, das war sein Plan, er wollte eigenständiges Leben erschaffen, um es ihr zu beweisen, dass es ginge. Dass dieses Leben funktionierte und bis zum nächsten Ende des Kosmos bestehen würde.

Seine Schwester. Bei diesem Bild fröstelte ihn, denn sie war seine Antipode. Ganz das Gegenteil seines Wesens, ergänzten sie sich - zur Vollkommenheit oder zum Nichts. Das Ergebnis lag ganz im Auge des Betrachters, hätte es einen gegeben. Aber das was den Kosmos umschloss und so alt war, dass niemand den Anfang kannte und so lange bestehen wird, dass auch niemand das Ende erleben wird, hat einige Gesetze, die nicht gebrochen werden können. Die wichtigste Regel dabei ist: "Die Erhaltung des Nichts." Würde er also je mit seiner Schwester verschmelzen, würden sie ihre Geburt rückgängig machen, nämlich ihre vor ewigen Zeiten stattgefundene "Abspaltung aus dem Nichts".

Sein Blick heftete sich auf den blauen Planeten. Er konnte alles dort sehen, auch das kleinste Wesen, den kleinsten Stein, den tiefsten Graben im Wasser wie auch den höchsten Berg, der sich in die Atmosphaere erhob. Wie hatte der Planet sich verändert seit er vor 2000 Planetenumläufen hier war: Er war wärmer geworden, aber seine Umlaufbahn hatte sich nicht geändert. Seine Athmosphaere hatte sich gewandelt, sie war trüber geworden und mit seltsamen Stoffen angereichert, die nicht natürlichen Ursprungs waren. Sofort blitzte ein Bild seiner Schwester in seinem Kopf auf, wie sie sein Werk zerstört. Sie war ein guter Beobachter und möglicherweise hatte er sich im Laufe der Zeit irgendwann selbst verraten.

Er nahm diese Welt noch einmmal intensiver in sich auf. Er atmete ihre Aura, schmeckte ihre Lebensformen, erspürte ihr Bewusstsein und hatte dabei irgendwie die Befürchtung Spuren seiner Schwester zu finden. Die Dinge, die er jetzt wahrnahm, waren neu für ihn, er konnte sich nicht erinnern derartiges schon in einem seiner anderen Experimente entdeckt zu haben. Bei seinem letzten Besuch hatte er sich als Zweibeiner, der sich Mensch nannte, eine kurze Zeit die Welt erlebt. Er hatte sich selbst als männlichen Foetus in eines der Weibchen eingepflanzt, um das Leben dort unten mit menschlichen Augen zu sehen. Er erlebte seine Geburt, sein Aufwachsen als Sohn eines Holzschnitzers und seine kurze Karriere als Prediger. Er konnte damals der Versuchung nicht widerstehen und griff an der einen oder anderen Stelle ein. Das war fatal, da sich die anderen Menschen sich keinen Reim darauf machen konnten und Angst vor ihm bekamen. Das Ergebnis war, dass sie ihn auf ihre Art und Weise wieder dem Nichts zuführten. Seit er dieses Ende im Körper dieses Menschen miterlebte, wusste er den menschlichen Begriff der Erniedrigung einzuschätzen. Das war für ihn damals der Grund, den leblosen, geschundenen Körper dieses Menschen mitzunehmen und in den Stern dieses Systems gleiten zu lassen. Was ihn aufhorchen ließ, war die Tatsache, dass er mit diesem simplen Eingriff eine Bewegung erschaffen hatte, die über die letzten 2000 Umläufe immer größer und mächtiger wurde.

Sein Blick wurde wieder scharf, er betrachtete die verschiedenen Kulturen, dann durchsuchte er die Aufzeichnungshallen in denen die Menschen ihre Geschichte bewahrten. Sie waren weit über das hinaus gekommen, was er erwartet hatte. Sie hatten Möglichkeiten gefunden, ihr Wissen zu transportieren und zu speichern. Er sah aber auch Dinge, die ihn an seine Schwester erinnerten. Gewaltige Explosionen, die Atompilz genannt wurden, Dinge, die seine Schöpfung vernichten könnten. Er nahm alles in sich auf, Drogensüchtige, die ihr Koks schnupften, Soldaten, die stramm standen, Paare, die sich vermehrten, Perlentaucher, die an furchtbaren Krankheiten litten. Nach einiger Zeit entschloss er sich, das Experiment hier und jetzt zu beenden. Er würde den Planeten einfach in den Stern werfen, dann wäre auch die Gefahr gebannt, dass seine Schwester sich daran versuchen könnte.

Er blickte ein letztes Mal auf die blaue Welt, dann hörte er den Blues. Ein Mann, mitten in einem staubigen Land eines der Kontinente dort unten, spielte einsam auf seinem Blasinstrument. Eine langsame Melodie, die zugleich traurig und hoffend war. Er hielt inne, dann hörte er nocheinmal genauer hin. Dies war Musik, die das Sein bejahte, aber auch das Nichts ehrte. Er empfand ein neues Gefühl, das er bisher noch nicht erspürt hatte. Er war von ihr berührt. Und - er konnte es nicht. Zum ersten Mal in Milliarden von Jahren konnte er eine getroffene Entscheidung nicht umsetzen. Er tat etwas nie Dagewesenes, etwas völlig Unmögliches: Er entschied sich um.

"2000 weitere Umläufe sollten genügen", dachte er. Dann werde ich mir das Experiment erneut ansehen. Er wendete sich von dem kleinen, blauen Planeten ab und raste davon. Ihm war noch, als hätte er kurz das Lachen seiner Schwester vernommen, doch er blickte nicht zurück, er blickte nie zurück, er hatte bereits ein anderes Ziel im unendlich-endlichen Kosmos.



© A. Lindermeir

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